2023 wird ein Reisejahr der anderen Art. Beeinflusst durch die vielen politischen Veränderungen wird sich auch die Art zu Reisen für viele deutsche Urlauber im kommenden Jahr ändern. Die vielfältigen politischen und sozialen Einflüsse des letzten Jahres spiegeln sich in Reisezielen und -form wider. Sowohl Krieg als auch Klimawandel, Inflation und die gesellschaftliche Polarisierung beeinflusst die Reisetrends 2023. Aber auch die wiedergewonnene Freiheit soziale Kontakte zu pflegen und das Ausland bereisen zu können wirken sich auf die Wünsche der deutschen Urlauber aus.
Genügsamkeit statt Luxus pur
Eine Studie von Booking.com kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass Reisende trotz der vielen kleinen Einschränkungen positiv auf das Jahr 2023 blicken und sich Reisen immer noch lohnt. Außerdem werden Einfachheit und Bescheidenheit im Urlaub wieder sehr gefragt sein. Reisende sind nach den Anstrengungen der letzten Jahre nicht mehr so sehr darauf bedacht einen großen Luxusurlaub zu planen, sondern hoffen auch nur mit dem Nötigsten zurecht zu kommen. Minimalismus und Genügsamkeit prägen die Vorstellung vieler. Ziel des Urlaubes ist für die meisten Deutschen, Entspannung zu finden und Dankbarkeit zu praktizieren.
Reisende werden versuchen, mit wenigen Mitteln größtmögliches Glück zu finden. Beeinflusst ist diese Zurückhaltung nicht nur durch die schwierige Zeit, die hinter den Urlaubern liegt: Auch die Vorbereitung auf eine anstrengende Zeit spielt für viele eine Rolle. So möchten einige Deutsche den Urlaub gerne nutzen, um ihre eigene Fähigkeit zu Überleben zu trainieren und für harte Zeiten gewappnet zu sein. Zurück zum Ursprung lautet also die Devise für diejenigen, die gerne außen und ohne viel Schnickschnack urlauben. Lagerfeuer, Selbstversorgung und Einklang mit der Natur prägen den Urlaub „off the grid“.
Energie sparen durch Sonnenwärme
Die Tendenz, im Winter in den Süden zu reisen wird sich auch im Jahr 2023 nicht ändern. Stattdessen wird sie wohl sogar noch stärker werden. Ägypten, Griechenland und Tunesien stehen ganz oben auf der Liste der Traumziele deutscher Urlauber. Tunesien ist eines der günstigsten Reiseländer und bringt daher sogar einen doppelten Vorteil: Zuhause wird Strom gespart, und im Urlaub die Lebenserhaltungskosten. Auch Langzeiturlauber – diejenigen, die zwischen vier Wochen und drei Monaten reisen – werden öfter und länger im Süden „überwintern“, stellt die Rheinische Post fest. Ebenso punktet Asien, besonders Südostasien, durch Wärme und lockt deshalb besonders viele Besucher an.
Durch die erhöhte Anzahl derjenigen, die im Homeoffice arbeiten, lässt sich außerdem ein Anstieg arbeitender Urlauber prognostizieren. Der Langzeiturlaub wird so mit der Arbeit verknüpft, und der Urlaubende ist nicht darauf angewiesen zu einem bestimmten Zeitpunkt frei zu bekommen. Viele Deutsche wünschen sich eine Verbindung des stressigen Arbeitsalltag mit Freizeit und Freude – eine Kombination, die ein sonniger Urlaub mit Laptop für einige gewährleisten kann.
Urlaub im eigenen Land
Geld sparen geht auch anders: Laut dem deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr (dwif) ist die Anzahl der Tagesreisen und das Interesse am Camping deutlich gestiegen. Die Anzahl der zugelassenen Campingwagen hat sich in den letzten sechs Jahren mehr als verdoppelt. Reiseziele wie Oberbayern, Thüringen und Nord- und Ostsee sind beliebter als je zuvor. Reisende sehnen sich nach Urlaub im Freien an den Orten, die ihnen am nächsten sind. Neben dem Sparen ist auch die neue Naturverbundenheit dafür mitverantwortlich. Statt Städtetrips werden kleinere Ferienwohnungen und Ferienhäuser bevorzugt.
Reisen ins Metaverse
Die Sehnsucht nach einer ruhigeren Welt zeigt sich auch in einem weiteren aufkommenden Trend. Statt der Rückkehr in die Natur interessiert sich ein nicht unerheblicher Anteil der Befragten der Umfrage von Booking.com für eine Reise in die virtuelle Welt. Dort wollen sich Reisende nicht nur für ihren nächsten Urlaub inspirieren lassen, sondern einige sogar Virtual-Reality-Reisen erleben.
Das Metaversum soll in der Lage dazu sein, für Interessierte nachgebildete Reisewelten zur Verfügung zu stellen in welchen die Besucher sich ihr Reiseziel näher anschauen können. So kann ein jeder ein Reiseziel „testen“, bevor er in der realen Welt eine Reise anstrebt. Sogar immersive Erlebnisse sollen durch ein gefühlsechteres Erlebnis und 3D-Welt möglich sein. Diese Vorstellung spricht zwar einige Leute an, steht aber im Gegensatz zu dem „Detox“-Trend vieler Reisender, die eher ein wenig Abstand von der zunehmenden Digitalisierung suchen.
Entspannung und Einfachheit
Für all diejenigen, die von Homeoffice und digitalen Meetings genug haben steht Wellness-Urlaub weit oben auf der Wunschliste. Auch sogenannte Schweige-Retreats gewinnen immer mehr an Beliebtheit und prägen auch 2023 die Reisewünsche der Deutschen. Neben dem Wunsch, in die vordigitale Zeit zurückzukehren, suchen viele hier auch eine Art innere Ruhe, die sie in ihrem Alltag vermissen. Aber auch die Rückkehr zu der eigenen Familie steht für viele Urlauber an: Familientreffen als willkommener Urlaub ist nicht nur gewünscht, sondern geradezu begehrt.
Dieser Trend steht im Einklang mit dem Wunsch, zur Natur zurückzukehren und gemütlich zu reisen. Während es einige Urlauber weiter östlich zu Yoga-Retreats nach Indien zieht, werden auch einige die lokalen Schweige-Retreats in Deutschland austesten wollen.
Klimafreundlich reisen
Lokale Reiseziele werden auch deshalb bevorzugt, da im Zeichen der Klimakrise die meisten Reisenden versuchen ihren CO²-Fußabdruck zu reduzieren. Die Gemütlichkeit des langsamen Reisens entschleunigt in der hektischen Zeit. Zug statt Flugzeug ist die Devise, auch wenn trotz allem immer noch häufig zum Auto gegriffen wird. Pauschalurlaube werden allerdings nicht mehr so sehr überzeugen wie noch vor wenigen Jahren.
Hotelanlagen sind meistens nicht nur teurer als der Campingwagen, sondern auch hoch im Energieverbrauch durch Klimaanlagen, Hotelpools und ähnlichem. Ähnliches gilt für Kreuzfahrten: Da sie schädlich für die Anwohner und die Umwelt sind, wird auch auf das große Schiff weitgehend verzichtet werden. Der Massentourismus hat negative Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft, da sich die Regionen immer mehr auf die Touristen und weniger auf andere Wirtschaftszweige konzentrieren. Die deutschen Reisenden bevorzugen 2023 daher nachhaltiges Reisen auf kurzen Wegen. Soziale Komponenten der Reise werden häufiger bedacht als in den vorangegangenen Jahren.
Abenteuerlust immer noch vorhanden
Booking.com stellt fest, dass einige Reisende trotz der hektischen Lage im eigenen Land immer noch Action im Urlaub wollen. Dabei werden besonders Orte bevorzugt, die den Befragten eine Art Kulturschock geben können. Damit sind Länder mit anderen Sprachen oder komplett anderer Kultur, sowie die weniger touristisch besuchten Gebiete gemeint. Zu beliebten und eher wenigen touristischen Orten zählen unter anderem Georgien, die Mongolei und Suriname, die 2023 einen Boom an Urlaubern erzielen könnten. Andere Gebiete, wie Armenien, Azerbaijan oder Qatar werden von den Urlaubern trotz Risikofreudigkeit aufgrund der momentanen politischen Situation dagegen eher gemieden.
Für viele Urlaubende ist das nächste Jahr auch eine Gelegenheit, günstig zu Reisen und noch ein wenig zu warten, bis ein großer Urlaub geplant ist. Hintergrund ist die aktuelle Wirtschafts- und Energiekrise, die viele Reisende eher sorgsam mit ihrem Geld umgehen lässt.
Das Reisejahr 2023
Energiekrise, wiedergewonnene Freizügigkeit und die politische Situation prägen die Situation der Reisenden in Deutschland. Neben autarkem Reisen und Backpacking wünschen sich die meisten einen sparsamen, aber auch entspannten Urlaub, der Ihnen wieder etwas Boden unter den Füßen zurück gibt. Reisen im eigenen Land und in natürliche Regionen wird zunehmen, und auch Tourismus im Campingwagen erlebt einen Aufschwung. Ägypten und Tunesien sind beliebte Reiseziele für Urlauber mit Sehnsucht nach Sonne, während die Ost- und Nordseeküste den heimatverbundenen Urlaubern die ersehnte Ruhe zurückgeben kann. Die neuen technischen Entwicklungen können dazu führen, dass auch die Reise in die digitale Welt kurzzeitig zunehmen wird – aber die meisten Reisenden sehen dem Reisejahr auch in der realen Welt mit Optimismus und Kreativität entgegen.